Das Sichern und Klettern im Toprope ist der Einstieg in das Seilklettern. Das Ziel in einem Kurs wird zumeist das selbstständige Sichern und Klettern in Zweierseilschaft sein. Bei wenig geübten Kindern, Jugendlichen oder Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen wird eine selbständige Ausübung außerhalb des Kursbetriebes oder ohne Aufsicht von Erwachsenen in Zweierseilschaft nicht möglich sein.
Methodik
Vorzeigen/Erklären (Anseilen, Partner*innen-Check, Sicherungshandling) → Bodenübung → Dreierseilschaft → Hängetest → Vertrauensübungen → Schleifknoten → Zweierseilschaft → Selbständiges Klettern
1.) Anseilen
Das Anseilen für das Klettern im Toprope kann entweder mit einem gesteckten Achterknoten oder mit zwei gegengleich eingehängten Verschlusskarabinern erfolgen. Das gegengleiche Einhängen von zwei Karabinern wird zumeist sehr schnell verstanden und braucht weniger Übung. Das richtige Stecken eines Achterknotens braucht mehr Übungszeit, im besten Fall über mehrere Kurseinheiten verteilt. Zu Beginn eines Kurses könnte mit Karabinern geklettert werden und der Achterknoten erst später gelehrt werden.
1. Methode: Eine Methode zum Erlernen des Achters ist, erst den Sackstich zu erklären und dann das Seil „einmal mehr“ um das Seil wandern zu lassen.
2. Methode: Mit einer Hand eine Schlaufe machen, das freie Seilende einmal um das Seil führen und durch die Schlaufe fädeln.
Achterknoten Methode 2
3. Methode: Das freie Seilende wird außen, körperfern, über die eine Hand gehängt, so dass ca. 1,2 Meter frei baumeln. Dann nehmen wir mit der anderen Hand von vorne dieses Seilende, umkreisen von innen beginnend, körpernahe, den anderen Seilstrang und geben uns das freie Seilende in die Hand. Dann fahren wir mit der Hand durch die Schlaufe, die sich gebildet hat, zurück und halten das Seilende dabei fest.
Egal mit welcher Methode der Achter erreicht wurde, nun wird er zum gesteckten Achterknoten fortgeführt: Wir fädeln das freie Seilende durch die kleinen Schlaufen, in denen der Anseilring ist. Danach fahren wir dem Seil, das aus dem Knoten kommt, möglichst nahe beim Klettergurt den ganzen Knoten nach, bis alle Stränge doppelt sind. Nun werden alle vier Stränge festgezogen.
2.) Check der Partner*innen
3.) Sicherungshandling
Die Sicherungsperson steht seitlich versetzt neben der Falllinie der kletternden Person (1 bis 1,5 Meter) und nahe bei der Wand. Die Bremshand ist die Hand am Bremsseil zwischen Sicherungsgerät und Boden. Die Sensor- oder Führungshand ist die Hand am Lastseil zwischen Sicherungsgerät und der kletternden Person.
Es gibt im Wesentlichen zwei Sicherungsbewegungen. Es empfiehlt sich mit einer der beiden Sicherungsbewegung zu beginnen und im Laufe des Kurses die andere Sicherungsbewegung zu unterrichten. Die beiden Sicherungsbewegungen können mit allen Sicherungsgeräten gemacht werden. Das Handling beim Ablassen der kletternden Person unterscheidet sich, je nach der Wahl des Sicherungsgerätes (siehe Kapitel Sicherungsgeräte).
4.) Bodenübung
Das Erlernen von Sicherungstechniken beginnt stets mit Bodenübungen. Die Toprope-Bodenübung wird in Gruppen von zwei bis vier Personen durchgeführt. Das Seil kann, muss aber nicht, in den Umlenker eingehängt sein. Es muss nur lang genug sein und kann für die Bodenübung auch in die erste Expressschlinge einer Kletterroute, in einen Karabiner an einer Sprossenwand oder an einem Baum usw. eingehängt sein. Bei der Bodenübung übt eine Person das Sichern und eine andere Person simuliert das Klettern. Das Üben des Sicherns unterscheidet sich kaum von dem Seilhandling der realen Sicherungssituation. Das Klettern wird simuliert, indem sich eine Person langsam in Richtung der Sicherungsperson bewegt. Es werden so viele Durchgänge ausgeführt, bis die Sicherungsbewegung gut sitzt. Zumeist reichen zwei bis vier Durchgänge. Das Ablassen kann zwar geübt werden, es unterscheidet sich aber von der realen Klettersituation, da am Boden gehend das Seil nicht sehr stark belastet werden kann.
5.) Dreierseilschaft
Die Dreierseilschaft ist das zentrale Tool beim Erlernen des Toprope-Sicherns. Es wird mehrere Praxis-Einheiten erfordern, bis sie verlassen werden kann. Geklettert wird in einer Dreiergruppe, wobei zwei Personen für das Sichern verantwortlich sind. Die zweite Sicherungsperson steht als Backup nahe der ersten Sicherungsperson und hält das Seil mit beiden Händen. Das Backup darf das Bremsseil nicht spannen, da sonst die Sicherungsbewegung nicht möglich ist. Zwischen der sichernden und der nachsichernden Person sollte etwas Schlappseil sein, damit die Sicherungsbewegungen ungestört ausgeführt werden können. Das Seil sollte aber keinesfalls bis zum Boden herunterhängen. Wenn die Gruppengröße nicht genau durch drei teilbar ist, kann eine Viererseilschaft gebildet werden.
6.) Hängetest
Es wird losgeklettert, während die Übungsleiter*in neben der sichernden Person steht. In einer Höhe von etwa zwei Metern wird erstmals „auf Zug“ gegangen und die kletternde Person setzt sich in das Seil und nimmt die Ablasshaltung ein. Die Beine sind dabei im Kniegelenk leicht abgewinkelt und gespreizt vor dem Körper – ungefähr auf Hüfthöhe oder leicht darunter. Eine Hand ist am Seil vor dem Körper etwas oberhalb des Knotens, die zweite Hand bleibt frei. Die nun im Seil sitzende Person soll nun probieren, beide Hände loszulassen und sich möglichst zu entspannen. Die Erfahrung zeigt, dass eine im Hängetest geübte Ablasshaltung in Bodennähe eine geringere Herausforderung darstellt, als wenn diese Ablasshaltung in größerer Höhe eingenommen werden soll. Die Sicherungsperson erlebt erstmals die Zugbelastung und die zum Halten notwendige Kraft einer im Seil hängenden Person.
7.) Vertrauensübungen
Bei Einsteiger*innen besteht beim Erlernen des Toprope-Sicherns noch keine Erfahrung bzw. Vertrauen, dass das Seil-Sicherungsgerät-Gurt-System auch funktioniert. Diese Funktionalität ist zwar kognitiv klar, aber es fehlen die praktischen Erfahrungen und damit häufig auch das Vertrauen in Material und Sicherungsperson. Deswegen empfehlen wir, bereits zu einem frühen Zeitpunkt Übungen anzubieten, welche dieses Vertrauen aufbauen können. Wir raten zu einer langsamen Steigerung in Kombination mit eigenständigen Gestaltungsmöglichkeiten. Die folgenden Übungen sollen auch der Sicherungsperson die Möglichkeit geben, Erfahrungen mit dem Halten eines „Sturzes“ zu sammeln.
Durch genaue Anweisungen und Steigerung in kleinen Schritten lernen die Teilnehmer*innen Gefahren und Sturzweiten gut einzuschätzen. Ein Zug der Sicherungsperson gegen die Wand ist dabei möglich/wahrscheinlich. Diese Erfahrung ist von größter Bedeutung für das weitere Sicherungsverhalten.
8.) Schleifknoten
Nach längerer Praxis in Dreierseilschaften kann der Schleifknoten ein Zwischenschritt am Übergang in die Zweierseilschaft sein. Der Schleifknoten hat den Vorteil, dass er auch unter Belastung wieder geöffnet werden kann.
9.) Teamsichern
Beim Teamsichern werden die Aufgaben unter mehreren Personen aufgeteilt und mit HMS (siehe Sicherungsgeräte) gesichert. In der Regel ist nur eine kurze Einführung notwendig, das Handling ist weniger komplex und muss nicht so lange geübt werden, wie bei der bereits beschriebenen Methode. Teamsichern eignet sich daher hervorragend für kleinere Kinder oder Schnupperkletter-Einheiten. Es eignet sich zudem für die Inklusion von Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten. Teamsichern kann sitzend oder stehend ausgeführt werden. Die HMS kann am Klettergurt oder am Fixpunkt erfolgen.